
Der Hauptdolomit
Einst unter Wasser und in der Erde ist das Gestein heute, dem Himmel so nah! Dabei ist es heute nahezu genauso lebensfeindlich wie vor langer Zeit!
Die Schweiz im Kleinen – auch unter der Erde!
Die vor allem aus großen Mergeln und Kalksteinen bestehende, helvetische Zone zieht sich über den Grünten ins Oberallgäu. Westlich der Iller findet man die Gesteinsschicht erst etwas weiter im Süden. Hier führt sie über den Ochsen- und Schwarzenberg im Norden Tiefenbachs und über den Besler im Lochbachtal weiter Richtung Südwesten. Im Ifengebiet wird sie von den beiden, durch Oberstdorf führenden Flyschschichten, eingeschlossen. Hier wölbt sich das Helvetikum im Bereich des Gottesackerplateaus und des Hochifens an die Oberfläche um an drei Seiten wieder unter den benachbarten Flyschdecken abzutauchen. Im anschließenden Bregenzer Wald und unter dem Rheintal wird die Gesteinsschicht zunehmend mächtiger. Die größte Ausdehnung und Berge von über 3.500 Metern bringt das Helvetikum in der Schweiz (lat. Helvetia) hervor.
Berge mit zwei Gesichtern!
Das bekannteste und eindrucksvollste Gestein aus dem Allgäuer Helvetikum ist der Schrattenkalk. Vor allem im Gebiet zwischen dem Hochifen und den unteren Gottesackerwänden bringt der hellgraue Kalkstein, ein beeindruckendes Naturgeotop hervor.
In der Tertiärzeit, diese Gesteinsschichten mehrfach gefaltet. An den Stellen mit der größten Spannung, sind die Schichten vielfach aufgebrochen. Auf diese Weise sind die typischen Schrattenkalkberge entstanden, deren südliche Hänge meist ein harmloses, sanftes und nicht selten dicht bewaldetes Bild bieten, während die Berge im Norden urplötzlich jäh und felsig abfallen. Neben dem Gebiet rund um den Gottesacker, findet man diese typischen Bergformen auch im Rohrmoos, auf dem Besler, bis hin zum Ochsenberg.
Ein Gletscher aus Stein
Im Laufe der Jahrmillionen löste Regenwasser den Kalk zusehends auf. Aus feinsten Rissen und Klüften entstanden so immer größer werdende Kluftkarren und Rinnenkarren (Karren = Verwitterungsform im Karst) bis hin zu den heutigen, teilweise metertiefen Spalten und nur noch wenige Zentimeter dicken und oft sehr scharfen Kalkgraten, den sogenannten Schratten. So formte das Regenwasser den Schrattenkalk im Gottesackergebiet zu einem der alpenweit, außerordentlichsten Karstlandschaften. Die nahezu vegetationslose Zone, tief zerklüftete Spalten und Felsrisse sowie die messerscharfen Gesteinsformationen erinnern an einen versteinerten Gletscher. Von weitem kann er mit einem tristen, grauen und endlosen Friedhof, einem Gottesacker, verglichen werden.
Unterirdische Höhlenwelt
Natürlich machte das Regenwasser auch tiefer in der Erde nicht Halt. Auch hier gräbt das absickernde Wasser ständig am Gestein und erweitert dadurch Hohlräume und Klüfte zu Spalten und Höhlen. Durch die Ansammlung des Regenwassers über immer größer werdende Abflusskanäle unter der Erde, entstanden eindrucksvolle und ausgedehnte Höhlensysteme. An deren Ende, viele Kilometer von den Wassereinzugsgebieten entfernt, bringen starke Karstquellen im Bregenzer Wald und dem Kleinwalsertal das Regenwasser wieder zu Tage. Eine der so entstandenen Höhlen, kann mit der Sturmannshöhle bei Obermaiselstein besichtigt werden. Das Höllloch, mit derzeit 10.9 vermessenen Kilometern, ist eine der beiden längsten Höhlen Deutschlands. Sie und eine Vielzahl weiterer Höhlensysteme, bleiben aufgrund Ihrer schweren Zugänglichkeit den Experten vorbehalten.
Gute Nachbarn seit 100.000.000 Jahren
Die Gesteinsschichten Flysch und Helvetikum sind beide in der Kreidezeit vor ca. 100 Millionen Jahren entstanden. Dabei waren sie gar nicht allzu weit voneinander entfernt. Während sich das heutige Flysch auf sehr steil abfallenden Meereshängen in großen Wassertiefen ablagerte, auf denen regelmäßig Schlammlawinen die älteren Schichten überdeckten, entstand der Schrattenkalk im benachbarten, zum Festland hin flacheren Gewässer. Dabei bildete sich der Schrattenkalk in kalkhaltigem Flachwasser hauptsächlich aus Bruchstücken der Hartteile von Muscheln, Korallen und anderen urzeitlichen Riffbewohnern. In der Tertiärzeit, vor 65 bis 2,5 Millionen Jahren wurden die abgelagerten Schichten intensiv gefaltet und in Decken übereinander geschichtet.
Das Gebiet zwischen dem Hochifen und den unteren Gottesackerwänden zählt zu den beeindruckendsten Schrattenkalkgebieten alpenweit. Während man sich am Hochifen oder auf dem Gottesackerplateu mittendrin befindet, sind die unteren Gottesackerwände auch vom Rohrmoos aus besonders gut zu beobachten!
Einst unter Wasser und in der Erde ist das Gestein heute, dem Himmel so nah! Dabei ist es heute nahezu genauso lebensfeindlich wie vor langer Zeit!
Der Grundstock der Allgäuer Alpen. Basis für ein Paradies an außergewöhnlichen Tier- und Pflanzenarten, einst und heute!
Alles andere als stabil! Durch Ihre Verwitterungseigenschaften bringt das Gestein sanftere Geländeformen und botanisch eindrucksvolle Feuchtwiesen hervor.
In erdgeschichtlich jüngster Zeit, formten Gletscher die Berge und Täler der Allgäuer Alpen und des bayerischen Alpenvorlands zu Ihrer heutigen Gebirgsform.